In Cas it Rains in Heaven
Kurt Tong
Das Verbrennen von “Totengeld” aus Bambuspapier ist traditioneller Bestandteil des Ahnenkultes und der Totenfeierlichkeiten in China. In manchen Gebieten werden den Verstorbenen auch Gegenstände aus Papier dargereicht; Autos, Kleider, Uhren. Durch die Opfergaben soll ihnen ein besseres Leben nach dem Tod ermöglicht werden. Unter dem Einfluss der Konsumkultur werden die Papieropfer in letzter Zeit immer extravaganter: Mikrowellenöfen, Flugzeuge, Luxusvillen mit Swimmingpools. Die Praxis ist offiziell verpönt, wird von der Regierung aber geduldet. Erst seit an den Verkaufsständen bei einigen Friedhöfen Viagra, Prostituierte und Zubehör fürs Glücksspiel aus Papier auftauchten, wurden die Kontrollen etwas verschärft.
Die Gegenstände stellen eine liebevoll-unpräzise Kopie der Realität dar; entrückt, imaginiert. Sie bestehen nur aus Oberfläche, im Innern sind sie leer. Es geht offensichtlich nicht darum, die Dinge bis ins letzte Detail zu reproduzieren, sondern darum, ihren Geist zu erfassen. Die Fotografie reproduziert die Objekte ein zweites Mal, indem sie ihre Oberfläche bis ins Kleinste abtastet: Spuren des Falzbeils, erstarrte Leimtropfen, zerknitterte Silberfolie. Beide Ebenen der Reproduktion bleiben auf ihre eigene rührende Weise unvollständig. Beide sind ganz Relation, nur ein Hauch von Materie. Aus westlicher Sicht besteht die Tendenz, beständig nach dem wahren Kern der Dinge zu fragen, und “Betrug!” zu rufen, wenn man ihn nicht findet. Für Konfuzius können nur soziale Übereinkünfte den Wert einer Sache bestimmen, und eine Antwort darauf geben, ob eine Handlung angemessen ist oder nicht. Aus der Sicht des Universums gibt es kein wahr und falsch. Das menschliche Zusammenleben erhält seine Form durch den Respekt für li (Ritual und Konvention). Rituale sind zentral, denn sie sind der eigentliche Ursprung von Bedeutung und Wertschätzung. (Simon Stähli)
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