“Blast” und “Selbstporträt für die Katz”
Luzia Hürzeler
Ein hinter einem roten Ballon verstecktes Gesicht tritt immer stärker in den Vordergrund, je mehr sich die Gummihaut des Ballons dehnt: Zuerst sieht man die Augen als zwei dunkle Flecken. Dann treten die Konturen stärker hervor, sind aber immer noch ein wenig verschwommen. Der Ballon wird grösser und grösser, zerbrechlicher oder, wenn man so will “zerplatzlicher”. Die Farbe verliert an Dichte und wird transparent. Ein roter Schein umhüllt das deutlicher hervortretende Gesicht, es hat einen leichten rosa- roten Teint. Die Künstlerin pumpt weiter Luft in den Ballon, bis er vom Überdruck zerfetzt wird. Es entsteht ein trockener Knall, welcher die Künstlerin erschreckt. Sie wirft einen Blick auf den Zuschauer, dann schliesst sie die Augen.
Parallel zu diesem Selbstporträt, bei dem das Gesicht nach und nach hervortritt, hat sich Luzia Hürzeler in einem weiteren Selbstporträt den Oberkörper eingebunden, um einen Abdruck mit Katzenfutter anzufertigen. Der deutsche Titel ” Selbstporträt für die Katz” hat eine ironische Dimension. Der “Abdruck” steht auf einem Sockel. Normalerweise sind solche “Abgüsse” dauerhaft, gleichsam für die Ewigkeit gemacht. Dieser hier aber soll von einer rauhen Katzenzunge weggeschleckt werden.
Diese Erosion verläuft gänzlich ohne Brutalität, sie geschieht langsam und sanft.
Die zwei Selbstporträts machen – wie die Arbeiten “Derrière le rideau” (Hinter dem Vorhang) und “Perturbations” (Verstörungen) – den Körper zum Thema, seine physische, tatsächliche Präsenz, oder seine angenommene, durch Töne vermittelte Präsenz. Die Katze, welche den Abdruck frisst, lässt an die Vögel denken, welche in “Vogelhaus” ein Kernenbrot zerpicken.
Wie in ihren anderen Videos konstruiert Luzia Hürzeler auch hier ausgehend von komplexen Dispositiven einfache Abläufe.
Die Handlung ist auf wenige Erzähltrümmer reduziert, es geschieht keine wirkliche Entwicklung. Die “Handlung handelt” vor allem von der Zeit, von der Art und Weise zu sehen, und das Video lebt nicht zuletzt von visuellen Effekten und Tönen. Luzia Hürzeler liefert die Moral zu diesen Geschichten/Fabeln eben gerade nicht, sie hinterfragt aber die Konstruktion und den Aufbau von bewegten Bildern und unsere Wahrnehmung derselben.
Claude-Hubert Tatot