Gfellers übereinander geschichtete Bildcollagen wirken am stärksten, wenn man diese aus einer genügend grossen Distanz betrachtet. Die Komposition der verschiedenen Objekte, die eben noch als Stuhl oder Kleiderständer erkennbar waren, wird jetzt zur ganzheitlichen und überraschend ästhetischen Struktur, mit Rhythmik und Farbenfrische. Wie Fische im Aquarium zeigen sich im zur Ordnung gewordenen Durcheinander nur noch zwischendurch die anonym gehaltenen, gesichtslosen, tollpatschig herumblubbernden Dérangeuses, möglicherweise auf der Suche nach ihrem Gleichgewicht. Tritt man nun wieder näher an eines der Bilder heran, merkt man rasch, dass selbst für das einzelne Bild gleich mehrere Zimmer durcheinander gewirbelt worden sind. Die verschiedenen Dimensionen und Perspektiven der übereinander gelagerten Abzüge wurden dermassen verdreht und manipuliert, dass einem davon schwindlig werden kann. Über den Verstand ist es unmöglich, in diese Unordnung Ordnung zu bringen.
In gewissem Sinne selbst ständig weitersuchende Nomadin, die zuerst mit Fotografien von Wüstenlandschaften die Ferne einzufangen versuchte und sich in ihren Arbeiten unterdessen seit über zehn Jahren mit der grossstädtischen Reizüberflutung von New York und Paris befasst, sammelt Gfeller – auch in der Grossstadtwüste stetig unterwegs – weiterhin nach Materialien, die sie zu symbolhaften Mustern und Farbcollagen verwebt. Gfellers intuitiv, ja beinahe zufällig zusammengetragenen Fundstücke sind kaum noch erkennbar, doch umso imposanter ist der Gesamteindruck, der erst im hier inszenierten
Make Believe wieder fassbar wird. Wenn sich Gfeller dabei von der Wüste über die Grossstadt unterdessen ins Wohnzimmer zurückgezogen hat, so wird der enge Raum nun zur introspektiven Performancebühne und Projektionsfläche für die innere Rastlosigkeit und Suche umfunktioniert. Hier wird man nun ständig erschlagen vom grossstädtischen Getöse, um gleichzeitig auf der Metaebene immer wieder aufgefangen zu werden von einer hybriden Unterwasser-Wüsten-Stille, die aus den Bildern spricht. Gfellers
Make Believekulminiert hier gewissermassen im Credo, gemäss dem sich Sinn und Ordnung nur über die totale Unordnung erschliesst.
Pascal Kaegi
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