Selbstporträt: I’m Big Jim…
Xavier Perrenoud
Die ersten «Selbstportraits» von Xavier Perrenoud waren Mosaike, die beliebig vervielfachte Details von seinem Körper in Nahaufnahme darstellten. Die Mosaike wurden zu Pixelansammlungen, zu einem Heer von Pixeln, wo jeder «Soldat» an jedem Ort gleich aussieht wie der andere «Soldat» am anderen Ort.
Für seine neue Bilderserie wählte Xavier Perrenoud denselben Titel. Er schafft damit so etwas wie eine Reflexions-Kontinuität, er kreist ein und dasselbe Thema immer enger ein. In der Serie «I’m Big Jim (Big Jack, etc.)» sind es diesmal unsere Kinderspielzeuge, anhand derer unsere gegenwärtige Identität hinterfragt wird. Sind wir das geworden, was wir uns erträumt haben zu werden? Xavier Perrenoud macht Portraits von den «Helden», die uns als kleine Knaben beim Spielen begleitet haben. Er zwinkert sich gleichsam über die Jahre hinweg zu oder zurück, und er wirft einen nach-sichtigen Blick auf die Träume, die damals, als seine Vorstellungskraft in der Lage war, nach und nach hinter die Masken zu sehen und sich in das Leben dieser Kinderspielzeugmenschen hineinzuversetzen, in ihm wohnten.
Der oder das Erwachsene im Fotograf kann heute nicht ohne gewisse Nostalgie nachvoll¬ziehen, dass die Spielzeuge aus einer längst vergangenen Zeit stammen, die noch viel stärker vom Kunsthandwerk geprägt war. Die neuen Spielzeuge, welche heute auf dem Markt sind und die «alten» verdrängt haben, sind viel symmetrischer gebaut. Ihnen fehlen die ausgearbeiteten Züge, die den «alten» Spielzeugen so viel Leben verliehen haben. Bei seiner Arbeit spielt (spielt!) der Fotograf mit dieser Ambiguität, die sowohl anziehend wie auch abstossend wirkt.
Technologie, Klonen, Schönheitschirurgie – alles tendiert zur Zeit dazu, die Differenzen, welche diese Portraits noch kennzeichnen, auszuebnen und zum Verschwinden zu bringen. Auch den Menschen, dem diese Spielzeuge paradoxerweise glichen. Die Spielzeuge sind, wie wir, alles andere als vollkommen.
Christian Sester