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Journées photographiques de Bienne, 3.–26.5.2024

Entfremdung
Sergei Borissow

Noch gibt es die Sowjetunion, noch steht die Mauer. Aber die Dissidenten fangen an, sich zu Wort zu melden. Eine Freilicht-Kunstschau wird von Baumaschinen niedergewalzt und geht als «Bulldozer-Ausstellung» in die Geschichte ein. Das ist der Moment, in dem sich Sergei Borissow für die Dissidenten-Kunst zu interessieren beginnt. Aus dieser Zeit stammen seine ersten Atelieraufnahmen und Künstlerporträts. Borissow entwirft Poster und Plattenhüllen für Moskauer und Leningrader Bands. Er ist noch jung, als er bereits im Pionierhaus fotografiert.

Die Sowjetunion, insbesondere Mittelasien und Sibirien, lernt Borissow als junger Mann kennen, indem er in der Küche der Wagon-Restaurants arbeitet. Danach schlägt er sich beruflich als Reklame- und Modefotograf durch – eine damals eher ungewohnte Berufsbezeichnungen, denn Mode galt lange zum dekadenten Wortschatz der westlichen Bourgoisie.

Die Mannequins dienen Borissow nicht nur für die Modefotos. Er setzt sie als Schauspielerinnen ein für sein, wie er es selber nennt, «Foto-Theater». Er kleidet sie mit ideologischen oder patriotischen Insignien ein und fotografiert sie vor repräsentativen Bauwerken und Denkmälern Russlands. Es entstehen so karikierende und ironische, in Szene gesetzte Bilder. Seine Beschäftigung mit Inszenierungen weckt in ihm fast automatisch das Interesse für die Bühnenkünste. Ab 1986 arbeitet er, neben seiner Malerei, die er schon immer betrieben hat, auch mit der Videokamera.

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