Der lange Abschied
In lungo addio
«Es waren Hunderttausende. Sie kamen tief aus dem Süden, aus Sizilien, Apulien der Basilicata und Kalabrien. Sie kamen aus dem Zentrum der italienischen Halbinsel und viele aus dem Friaul und dem Veneto. Der Norden, das war Arbeit und Einkommen, das war das Versprechen. Was sie erlebten war vielfach Entbehrung, immer Befremdung. Nur die Männer und die arbeitsfähigen Frauen sollten es am Anfang sein, die dort oben hinein durften; das sogenannte Gastland, die Schweiz, wollte Arbeitskräfte, keine neuen fremden Mitbürger.»
«Il lungo addio» zeigt einen wichtigen Aspekt der Geschichte Italiens und der Schweiz: Die Emigration italienischer Arbeiter in die Schweiz zwischen 1950 und dem Ende des Jahrhunderts.
Die Ausstellung steht zudem in direktem Zusammenhang mit dem Festivalthema, der Reportagefotografie. Das Medium Fotografie will seinem dokumentarischen Charakter gerecht werden, Zeugnis ablegen, Geschichten erzählen. Jedes Bild legt Zeugnis ab und erzählt eine «vollständige Geschichte » -stellvertretend für die Geschichten von hunderttausend, insgesamt wohl Millionen von Emigranten.
Verschiedene Themen werden dabei fotografisch aufgegriffen: Die Vorbedingungen der Emigration – wirtschaftliche, politische, kulturelle. Die Abreise, die Reise – ein Leitmotiv wie die verschnürten Koffer. Der Grenzübertritt – Ankunft, erste Kontakte. Die Arbeitsplätze – Arbeit, Unterkunft, Wohngegenden. Die Freizeit – Feiertage, Feste. «Viele Sehnsüchte, öfter das Heimweh. Und manchmal der Versuch, zurückzukehren.»
Textauschnitte aus «Il lungo addio. Der lange Abschied», Dieter Bachmann